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ToggleAls ich mir das Buch Kreativität aushalten: Psychologie für Designer* von Frank Berzbach angeguckt habe, sind mir gleich zwei Dinge ins Auge. Als Erstes der Titel. Das Kreativität – vor allem wenn sie Teil des Berufs ist – nicht nur leicht und einfach, sondern durchaus auch anstrengend sein kann, wissen Designer bestens aus eigener Erfahrung. Diesen Unterschied spiegelt „Kreativität aushalten“ bestens wieder.
Das zweite Auffällige ist die hochwertige und gestaltete Aufmachung. In diesem Buch geht es nicht nur um Designer, es soll diese auch ganz gezielt mit seiner besonderen Ästhetik ansprechen.
„Kreativität aushalten“ – Worum geht es in dem Buch?
Als Designer müssen wir nicht nur tolle Designs entwerfen, sondern auch medienübergreifend denken, konzeptionell Prozesse begleiten und ringen mit dem Fluch und Segen der multimedialen und ständigen Erreichbarkeit. Das ist der Arbeitsalltag, wie wir ihn alle kennen und (in den meisten Fällen) auch schätzen.
Der Autor Frank Berzbach ist selbst nicht Designer, sondern lehrt Medienpädagogik und Psychologie. Er guckt also von außen auf den Designeralltag. Ich war gespannt, wie sich das im Buch widerspiegeln würde.
Die Inhalte in der Übersicht
Damit du dir ein besseres Bild von dem Buch machen kannst, stelle ich dir erst mal die 6 Kapitel kurz vor.
- Gestalterisch tätig sein
Wir als Designer wissen, dass Kreativität nichts ist, dass einen plötzlich, spontan und unerwartet „überfällt“. Diesen Punkt greift der Autor gleich zu Beginn auf und stellt die Phasen der Kreativität und verschiedene Techniken dazu vor. - Richtig Arbeiten
Kreativität alleine ernährt dich als Designer aber noch nicht. Arbeit macht das. Und gerade im kreativen Bereich kann Arbeit viele Gesichter und Bestandteile haben. Dem „richtigen Arbeiten“ geht Frank Berzbach im zweiten Kapitel nach. Was motiviert Designer? Wie kann man mit den eigenen Ressourcen und Energien umgehen? Wie beeinflussen verschiedenen Arbeitssituationen Designer? Und was bedeutet überhaupt „richtig arbeiten“? - Alleine Arbeiten
Das viele Designer alleine arbeiten, ist nicht neu. Denn gerade Kreative wie Designer, Grafiker, Illustratoren oder Fotografen entscheiden sich bewusst für ein eigenverantwortliches und selbstständiges Arbeiten. Das hat bekannterweise nicht nur Vorteile. Frank Berzbach gibt Tipps und Anregungen für ein motiviertes und anregendes Arbeiten als Solo-Designer. - Für andere Arbeiten
Wer mit Anderen zusammenarbeitet, muss gut kommunizieren können. Das macht vieles leichter. Darüber wie Kommunikation – verbal und auch nonverbal – funktioniert, schreibt Berzbach im 4. Teil. - Falsch Arbeiten
Stress, Leistungsdruck und falsche Erwartungshaltungen – wer nicht auf sich und seine Arbeitssituation aufpasst, kann krank werden. Der Autor beleuchtet was und wie falsches arbeiten mit uns Designern macht. - Nicht Arbeiten
Kreativität braucht Pausen. Ohne diese geht es aus meiner Sicht nicht. Auch der Autor gibt dem Thema Raum und fasst das Thema im 6. Kapitel zusammen.
Was gefällt mir an dem Buch?
Mit Kreativität aushalten: Psychologie für Designer* hat Frank Berzbach ein Buch für und über Designer geschrieben. Er zitiert und bezieht sich immer wieder auf wissenschaftliche Quellen und Referenzen, um seine Argumente zu untermauern oder zu belegen. Es ist ein kopflastiges Buch, was bei dem Titelzusatz „… / Psychologie für Designer“ ja auch nur folgerichtig und logisch ist. Trotzdem fand ich das Buch nicht schwer, sondern gut lesbar.
Gut gefallen hat mir, dass man einen breiten Überblick darüber bekommt, wie Arbeiten als Designer sein kann. Denn das das eigentliche Entwerfen und Gestalten nur einen (kleinen) Teil unseres Jobs ausmacht, wissen wir alle.
Franz Berzbach stellt Methoden vor die eigenen Ressourcen zu schützen, einen Fokus zu setzen, die richtigen Informationen rauszulesen und auch mit zum Beispiel Konfliktsituationen souverän umzugehen.
Diesen Ansatz finde ich sehr gut und wichtig. Gerade wenn du noch nicht so viel Berufserfahrung hast oder noch im Studium oder der Ausbildung bist, gibt dir das einen sehr hilfreichen Überblick darüber, was Arbeit alles sein kann.
Ich habe in dem Buch viele Ansätze wiedergefunden, die ich genau so in meinem Arbeitsalltag nutze. Ich geb dir mal ein Paar Beispiele:
- Je größer mein Stress ist und je mehr Konzentration ich brauche, desto wichtiger sind Pausen für meine Arbeit.
(vgl. Kapitel 2 „Vom Umgang mit unseren Energien“ S.43 ff) - Um viele Aufgaben und Ziele im Blick zu haben, habe ich mir angewöhnt 1. alles zu notieren und 2. alles nach Prioritäten abzuarbeiten. Das mach ich nach dem Eisenhower-Prinzip, dass auch Berzbach empfiehlt.
(vgl. Kapitel 2 „Ziele sortieren: Prioritäten setzen“ S.56 ff) - Um Missverständnisse und falsche Erwartungen von Auftraggebern zu vermeiden, verwende ich vor jedem Auftrag viel Zeit darauf herauszufinden, was der Kunde wirklich will. Ist mir was unklar, versuche ich das immer so schnell wie möglich zu klären, weil ich so mir und dem Kunden unnötige Korrekturschleifen erspare.
(vgl. Kapitel 4 „Erwartungen steuern die Wahrnehmung“ S.131 ff)
Und was gefällt mir nicht?
Was mir aber immer wieder in diesem Buch gefehlt hat, war die Begeisterung und die Wertschätzung, die wir als Designer für unsere Arbeit haben.
Im Kapitel 3 „Alleine Arbeiten“ zum Beispiel geht der Autor auf die typischen Nachteile einer „Telearbeit (was für ein merkwürdiges Wort, finde ich ) von zu Hause“ ein. Dazu zählen bekannterweise, das man für einen passenden Arbeitsplatz, die nötige Disziplin bzw. Motivation und ein produktives Arbeitsumfeld selbst verantwortlich ist. Positive Aspekte wie die freiere Zeiteinteilung und eine Arbeitsweise, die mehr den eigenen Gewohnheiten entspricht, nennt der Autor auch, fasst sich aber bei den Vorteilen kürzer.
Diese Beispiele sind zweifelsohne richtig, aber designspezifisch sind sie nicht. Das gilt für alle Telearbeiter, egal ob sie Buchhalter, Gärtner, Ingenieur oder eben Designer sind. Und bei einem Buch, das sich spezielle an Designer richtet, habe ich mir mehr wirklich berufsspezifische Beispiele gewünscht.
Zu kurz kommen mir auch die vielfältigen anderen Arbeitsformen, in denen Designer arbeiten. Designer sein heißt ja nicht automatisch in einer großen Agentur oder im Team zu arbeiten. Ganz und gar nicht. Wir Designer arbeiten alleine oder im Team, angestellt oder selbstständig, für Auftraggeber oder unsere eigenen Projekte, im Büro, im Home Office, im Coworking Space oder im Café – kreative Arbeit ist vielfältig. Für mich macht das einen wichtigen Punkt an unserer Arbeit aus und das wiederum hat elementaren Einfluss auf meine Kreativität.
Klar, der Autor ist kein Designer, sondern betrachtet diesen Berufszweig von außen, aber trotzdem hätte ich mir streckenweise mehr „Nähe“ gewünscht.
Für wen ist „Kreativität aushalten“ das passende Buch?
Handwerk, Wissen, Übung und Erfahrung sind nach meiner Erfahrung viel wichtigere Bestandteile von regelmäßiger kreativer Arbeit.
Doch gerade am Anfang hat man das ja noch nicht. Beim Einstieg in die Berufswelt stellen sich viele Fragen und da liefert Kreativität aushalten: Psychologie für Designer gute und hilfreiche Tipps.
- Wie beeinflussen Motivation, Lob oder Kritik meine Arbeit und wie geh ich damit um?
- Wie teile ich mir meine Zeit richtig ein und erreiche meine Ziele?
- Wie funktioniert die Arbeit im Team oder einer Gruppe?
- Wie mache ich meine Informationen / Designpräsentationen verständlich, so das mein Kunde / Chef sie versteht?
- Wie achte ich auf genügend Freizeit und Pausen?
- …
Wenn du einen guten Überblick suchst und noch Stolpersteine in deinem Arbeitsalltag hast, die du gerne anpacken möchtest, dann kann ich dir dieses Buch empfehlen.
Wenn du aber schon mehr Berufserfahrung als Designer hast oder schon länger selbstständig arbeitest, hat das Buch wahrscheinlich nur wenige neue Impulse für dich. Du hast dir erfahrungsgemäß schon selbst Regeln und Wege erarbeitet, die gut für deinen Berufsalltag funktionieren.
Kreativität aushalten: Psychologie für Designer* hat 192 Seiten und ist 2010 im Schmidt Hermann Verlag erschienen. Es kostet 29,80 Euro.
Ich finde es immer interessant zu schauen, wie der Mensch hinter dem Buch so „tickt“. In diesem Video liest Frank Berzbach aus seinem zweiten Buch Die Kunst ein kreatives Leben zu führen* und man bekommt einen ganz guten Eindruck von der Art und Weise des Autors. Schau doch mal rein, wenn du das auch spannend findest. 🙂