Wein und Design – das ist eine perfekte Kombination! Das findet auch Anna Schumann und erzählt uns heute im Interview, wie sie ihren Weg von der Winzerin hin zur Designerin gegangen ist. Dabei ist Anna Schumann ihrer Weinleidenschaft immer treu geblieben und hat sogar eine Crowdfounding-Kampagne gestartet, um ihren Traum vom eigenen Wein mit eigenem Design umzusetzen. Ein wirklich tolles Projekt, über das ich unbedingt mehr wissen möchte.
Hallo Anna, schön, dass du dir Zeit für unser Interview und meine vielen Fragen nimmst. Bevor wir über deine Crowdfounding Kampagne sprechen, möchte ich gerne wissen, wie du überhaupt zum Wein und auch zum Design gekommen bist. Wie kam es zu diesen zwei Berufen?
Die Liebe zum Wein habe ich meinem Vater zu verdanken. Er ist ein absoluter Genießer in jeglicher Hinsicht und interessiert sich außerdem immer brennend für die Entstehung des Produkts, das er gerade zubereitet oder zu sich nimmt. Sei es Kaffee, Parmaschinken, eine Tomate aus dem Garten des Nachbarn oder handverlesener Wein. Die Geschichte, die Herkunft und die Menschen dahinter formen den Geschmack und auch die Überzeugung des Endverkosters. So bin ich mit Hunderten von Anekdoten über Reisen zu Winzern, Käseproduzenten uvm. aufgewachsen. Natürlich oft begleitet durch eine gute Flasche Wein.
Als ich entscheiden sollte, wie es nach dem Abitur weitergeht, packte ich kurz entschlossen meine Koffer und fuhr für ein Schnupperpraktikum auf ein Weingut in die Südsteiermark nach Österreich. Aus 3 Wochen wurden fast 7 Jahre, die ich am Weingut in der sogenannten wunderschönen steirischen Toskana verbrachte. Ob im Weinkeller, im Weingarten, im Vertrieb oder Lager, bei Weinverkostungen oder Präsentationen, ich legte überall Hand an und lernte immens viel über ein Unternehmen, das einfach alles umfasst: vom Rohprodukt bis zum Endkunden. Das faszinierte mich von Anfang an. Dazu habe ich mich täglich mehr in den Wein verliebt. Was gibt es sonst noch für Naturprodukte auf der Welt, die einen so unglaublichen Variantenreichtum aufweisen und noch dazu so intensiv von der Hand und Überzeugung des Weinmachers geprägt sind. Neben der Arbeit am Weingut absolvierte ich meinen Weinbau- und Kellermeister.
Nach vielen Lehrjahren in der Weinbranche entschied ich mich für eine Abwechslung im Sales einer finnischen Firma in Wien. Ich habe das Landleben gegen die Urbanität ein getauscht und habe es in der ersten Zeit intensiv genossen.
Allerdings war der Leistungsdruck extrem hoch und die Methoden, wie wir zu verkaufen hatten, ließen kaum eigenen Charakter und Kreativität zu. Dann sagte mir ein Freund, dass ein Weinbauverein im Mittelburgenland (1 Stunde südlich von Wien) einen selbstständigen Vinothekar sucht. Kaum angedacht, war ich plötzlich nach einem Jahr Wien wieder am Land und umgeben von vielen feinen Weinen.
Hier startete letztendlich auch mein Weg zum Design. Denn ich hatte zu Beginn meiner Geschäftseröffnung einige Angebote über Drucksorten und einer Website mit Shop regionaler Werbeagenturen auf dem Tisch. Da ich so gut wie kein Grundkapital besaß und nicht wusste, ob mich die Vinothek überhaupt finanziell trägt, musste ich selber ran.
Mein Mann, er studierte Web- und Mobile Communication Solutions, zeigte mir Photoshop und InDesign und half mir bei den ersten Schritten. Die Monate vergingen und ich half nicht nur mir selbst, sondern bald auch ein paar Winzern bei ihren Websites, Broschüren, Flyern und Kartonagen. Bald übernahm ich die Pressekommunikation und das Grafikdesign des Weinbauvereins.
Nach der Geburt meiner Tochter Emma gab ich die Vinothek in andere Hände. Es war ein purer Wochenendjob und ließ kaum Zeit für ein Familienleben. Ich arbeitete wieder auf einem Weingut und betreute meine Kunden im Designbereich weiterhin selbstständig.
Seit Februar diesen Jahres bin ich erstmals im Designbereich gänzlich selbstständig. Um meine beiden Steckenpferde Wein und Design zu verbinden, startete ich mit einer Crowdfunding-Kampagne die sich um Weinetiketten für meinen eigenen Pinot Noir dreht: MAKE 100 individual winelabels. Das war der Anstoß für viele Überlegungen. Was will ich kreieren, was kann ich anbieten, wo will ich hin, und wie zum Kuckuck schaffe ich das.
Um deine Vinothek zu führen, musstest du dich ja mit ganz unterschiedlichen Aufgaben auseinandersetzen. Der Laden muss geleitet werden und Bestellungen oder Verkäufe mussten organisiert sein. Außerdem musstest du auch dafür sorgen, dass bei den Vorräten und Lagerbestände keine Engpässe entstehen. Vom Marketing und Events mal ganz abgesehen. Damit hast du dir natürlich viel unternehmerisches Denken und Wissen angeeignet. Welche Vorteile hat das jetzt für dein Design Business?
Es hat den großen Vorteil, dass ich mich mit Bürokratie und Recherche über die rechtliche Machbarkeit, Steuern usw. kaum beschäftigen muss, da ich in meiner seit 2012 bestehenden Selbstständigkeit mit unglaublich viel Papierkram und Behörden auseinandergesetzt habe. Jetzt läuft die rechtliche und informative Seite eher unter dem Motto: Weiß wen Du fragen kannst 😉
Ein weiteres unglaublich gutes Gefühl gibt mir die jetzige innere Sicherheit, alles schaffen zu können, wenn ich es mit Bedacht und Überlegung ausprobieren will. Sozusagen der Glaube an mich selbst. Das hat sich auch erst durch die 100% Selbstständigkeit mit der Vinothek ergeben.
Da passen dein eigener Wein und deine selbst gestalteten Etiketten perfekt zusammen. Du hast dich dafür entschieden für dieses Projekt eine Crowdfounding-Kampagne zu starten. Damit bist du die erste Designerin die ich kennenlerne, die sich für diesen Weg zur Finanzierung entschieden hat. Wie bist du auf die Idee gekommen?
Ich hatte bereits einige Bücher, darunter auch das Weinbuch Amber Revoltion, über Crowdfunding Projekte unterstützt. Das wollte ich unbedingt selbst ausprobieren. Es ging mir vielmehr darum, den Prozess kennenzulernen und ein Projekt zu kreieren, bei dem ich mich verpflichte es zu vollenden. Wir kennen das ja alle, wie schnell die eigenen unabhängigen Ideen in der Schublade landen, weil Sie sich zu zeitaufwendig anfühlen.
Kannst du noch ein bisschen mehr zu den Details erzählen? Wofür genau hast du Geld eingesammelt? Hattest du eine besondere Aktion oder ein kleines Geschenk für deine Unterstützer? Und wie lange sollte deine Kampagne gehen?
Die Kampagne lief 30 Tage. Ich setzte das Finanzierungsziel relativ niedrig an. Ein Gewinn oder die Bezahlung der eigentlichen Designs war mir nicht wichtig. Außerdem hatte ich zu wenig Zeit für das Marketing bzw. die Bekanntgabe der Kampagne. Finanziell abgedeckt sind der Druck und die Versandabwicklung der einzelnen Belohnungen (wie sie auf Kickstarter genannt werden). Bei meiner nächsten Kampagne wird es einen mehrmonatigen Vorlauf der Marketingplanung geben.
Wie sind deine Ergebnisse? Hast du so viel Geld zusammenbekommen, wie du benötigst? Und wie lange hat es gedauert, bis die Summe erreicht war?
Die Kampagne war erfolgreich. Die Summe war nach fast 30 Tagen erreicht.
Welchen Tipp hast du für andere Kreative, die ihr Projekt auch über Crowdfounding finanzieren wollen?
Eine Crowdfunding Kampagne bringt einem unheimlich viel Freiheit und die Gewissheit, dass man bereits Kunden bzw. Abnehmer hat. Das kommt natürlich auf die angebotenen Belohnungen an. Man muss sich in jedem Fall vor Kampagnenstart intensiv Gedanken um die Marketingplanung machen. Je höher das Finanzierungsziel oder auch je spezieller das Produkt oder die Dienstleistung, desto mehr Marketingtraffic wird benötigt. Auch die Belohnungen sollten attraktiv und eventuell auch humorvoll sein. Die Crowdfunding-Plattformen unterstützen einen mit vielen Tipps und Hinweisen.
Zurück zum Design. Welches Designprojekt möchtest du gerne als Nächstes angehen? Was würdest du gerne mal umsetzen?
Mein Fokus liegt gerade auf Muster und Text, natürlich meist mit Bezug auf den Wein. Beides kann so viele Gefühle hervorrufen. Damit möchte ich spielen. Ich tüftle im Zuge freier Arbeiten an meinem ganz eigenen Stil und möchte die Designs auf Print-on-Demand Plattformen verkaufen. Dies ermöglicht mir eine weitreichend freie Zeiteinteilung und ich kann mich risikofrei ausprobieren. Nebenbei gibt es ja noch einige Weinetiketten fertig zustellen.
Und zu guter Letzt, wie immer, der Blick hinter die Kulissen deiner kreativen Welt. Wie sieht dein Arbeitsplatz aus und womit beschäftigst du dich gerade?
Mein Arbeitsplatz besteht aus einer Nische in unserem Wohnzimmer. Ich sitze am antiken Schreibtisch meines Urgroßvaters und blicke direkt in unseren Garten. Das bringt mich immer zum Lächeln und gibt mir innerliche Ruhe. In meiner Ablage verschwinden die täglich geschriebenen Post-It Zetteln. Überall stapeln sich Bücher und Zeitschriften. Bald kommt meine bestellte Schiebetürenwand, die als Abdeckung für mein großes Wandregal dient und gleichzeitig meine aktuellen Projekte zeigen wird. Rechts an der Wand finden sich Erinnerungen und gemalte Zeichnungen meiner Tochter wieder und etwas Grünzeug. Wenn die Kinder im Haus sind ist es so gut wie unmöglich mich an den Schreibtisch zu setzen. Beide wollen immer dringend für mich arbeiten und es entsteht Chaos. Deshalb beneide ich meinen Mann ab und zu um sein eigenes Zimmer. Aber der Blick und das Wohlgefühl mitten in einem offenen Raum zu sitzen ist einfach goldwert.
Danke für das Interview!