„Deine Markenidentität muss sich anfühlen wie deine Lieblingsjeans.“ – Interview mit der Reklamedame Steffi Zährl

Interview mit der Reklamedame Steffi Zährl

Starke Frauen zu einer starken Marke machen – das ist es, was sich die Designerin Steffi Zährl auf die Fahne geschrieben hat. Ein spannender Slogan, der mich natürlich sofort neugierig macht. Darum freue ich mich sehr, dass ich heute die Reklamedame Steffi Zährl im Interview habe.

Hallo Steffi, schön, dass du dir für unser Interview Zeit nimmst. Kannst du dich und deine Arbeit kurz vorstellen, damit wir dich besser kennenlernen? Was genau machst du und seit wann bist du selbstständig? 

Hi Gudrun! Freu mich voll hier zu sein, danke für die Einladung!

Ich bin Steffi, gelernte Schriftsetzerin, studierte Werberin, Flötistin, Mama, leidenschaftliche Einweckerin, Vorstand einer Blaskapelle und ich arbeite als Personal Branding Coach für Frauen. Die kommen zu mir, wenn sie mit ihrer Selbständigkeit sichtbar werden wollen und sich die Fragen stellen, wie sie das anstellen sollen, ohne sich mit einem Hosenanzug verkleiden zu müssen.

Online-Coaching mach ich seit 2018, selbständig bin ich mittlerweile seit fast 15 Jahren.

Eigentlich bin ich ein Druckerei-Kind. Bin zwischen Bleibuchstaben und Papierpaletten aufgewachsen, hab mal Schriftsetzerin gelernt, Layouter- und Drucktechniker-Ausbildung gemacht und im zarten Alter von 30 Jahren doch noch ein Studium begonnen.

Als das fertig war, wurde ich schwanger und statt einer mega Karriere bei einer Werbeagentur hab ich mich als Wald- und Wiesengrafikerin mit Macbook am Küchentisch in die Selbständigkeit gestürzt. Hab dann erstmal mein Mama-Dasein in vollen Zügen genossen und irgendwann gemerkt, dass der Spagat zwischen Deadlines und Familie, zwischen Web und Print, zwischen Branding und Konzeption für zig verschiedene Kunden doch ganz schön anstrengend ist. Und mich nicht wirklich ausfüllt. Ich hab mein erstes Coaching gebucht und so hat meine Reise zu mir selbst begonnen – könnte man jetzt ganz kitschig sagen…

01 Reklamedame

Starke Frauen zu einer starken Marke machen – das ist es, was sich die Designerin Steffi Zährl auf die Fahne geschrieben hat.

Du hast dich auf Markenberatung, aber auch auf Persönlichkeitsentwicklung spezialisiert. Das finde ich total spannend. Denn obwohl jeder Designer weiß, dass ein gutes Markendesign IMMER zuerst eine klare Positionierung des Auftraggebers braucht, spielt es doch bei vielen Kreativen während eines Designauftrags keine so große Rolle. 

Im besten Fall werden im Briefing diese Hintergrundinfos (wie die Zielgruppe, die Spezialisierung oder eigenen Werte) abgefragt. Oft genug nicht einmal das. Oder die Designer erarbeiten den ganzen Bereich mit dem Auftraggeber nebenbei mit, ohne diesen Punkt in Rechnung zu stellen. Die Folge sind unnötige Korrekturschleifen, Missverständnisse oder langwierige Aufträge. Wie kam es dazu, dass du den Punkt „Persönlichkeitsentwicklung“ bei deiner Arbeit so deutlich in den Vordergrund stellst?

Weil ich gemerkt habe, dass die Leute genau diese Fragen nach Positionierung und Zielgruppe und dem »Wie möchte ich wahrgenommen werden« einfach nicht beantworten KÖNNEN.

Weil sie entweder sich noch nie mit diesen Fragen beschäftigt haben oder weil die Bedeutung von Branding auf ein schickes Logo reduziert wird. Und dann stochert man als Designer im Nebel, zaubert nach seinen eigenen Vorstellungen und nach bestem Wissen und Gewissen ein Logo aus dem Hut und hört dann: »Jaaaaa, das haben wir uns aber gaaaanz anders vorgestellt.« WIE allerdings, kann der Kunde auch nicht so genau sagen.

Genau so erging es mir so oft! Und ich hab mich so schuldig gefühlt. Hab mich gefragt: Lag es an meinem schlechten Briefing-Fragebogen? Meiner ungenügenden Aufklärungsarbeit über Positionierung? An meinen mangelnden Designkenntnissen?

Dann hab ich versucht, Aufklärungsarbeit zu leisten. Hab seitenlange Briefingfragebögen erstellt, sogar Workshops angeboten – anfangs kostenlos versteht sich, war ja meine Schuld, dass der Kunde von mir kein passendes Logo bekommen hat. Entweder hieß es dann: »Das ist aber teuer, so ein Branding, das macht dann mein Neffe, der kennt sich auch aus am PC.« Oder: »Das ist mir zu mühsam, ich will doch einfach nur ein Logo.«

Und irgendwann bin ich auf den Trichter gekommen, dass es womöglich gar nicht an mir liegt 😉 Denn der Wunsch nach Sichtbarkeit und Erfolg, den Unternehmer haben, wird ein Corporate Design allein nicht erfüllen. Dahinter steckt viel mehr! Es ist die Frage nach der Identität. Wer bin ich? Wofür stehe ich? Welche Werte untermauern mein Tun? Warum mache ich das eigentlich? DAS ist es doch eigentlich, was einer Marke eine Seele gibt und sie unverwechselbar macht. Und um sie sichtbar machen zu können, muss das klar sein.

Sonst fühlt sich entweder das Branding wie eine Verkleidung an. Oder der Unternehmer muss sich verbiegen, um in das Branding reinzupassen. Beides doof. An mir selbst habe gemerkt, dass Businessentwicklung Persönlichkeitsentwicklung vorausgehen muss.

Weil mal ehrlich, eine klare Positionierung, eine eindeutige Webseite mit meinem klaren Angebot hatte ich ewig nicht! Einen riesen Bauchladen an kunterbunten Grafikleistungen hab ich vor mir hergetragen. Mein Logo war mal gelb, mal grün. Weil ich einfach nicht wusste, wer ich war und was meine Stärken sind und auf was ich denn überhaupt Bock hatte. Wir Grafiker können ja echt alles! 🙂

Die Themen Spezialisierung und Positionierung gehören zu meinen absoluten Lieblingsthemen, wenn es darum geht, mit der eigenen kreativen Selbstständigkeit erfolgreich zu sein. Ich hab selbst erlebt, dass es einen gigantischen Unterschied macht, ob man einen Designer-Bauchladen hat oder auf einen Designbereich spezialisiert ist. Mein „Ich-mach-alle-Designs-für-alle Business“ war nix. Erst als ich mich auf Infografiken spezialisiert hatte, kamen die spannenden Aufträge, die tollen Kunden und die gut bezahlten Projekte. Deine Erfahrung ist so ähnlich, richtig?

Ja, genauso ging es mir auch. Ich hab von der Speisekarte für die Lokalbrauerei über den Messestand für die Autobranche bis zum Webdesign für Online-Coaches alles gemacht, was halt so reinkam. Die Einladungen für den Siebzigsten von Heinz genauso wie Hochzeitspapeterie und natürlich auch ein Logo für den örtlichen Malerbetrieb. Herrje! Da geht so viel Zeit für Recherche und Angebot schreiben drauf, ich fand’s einfach nur mühsam. Abgesehen davon, dass es auch ein wenig planbares Geschäft ist. Ich war die, »die immer macht«. Es hat mich weder zufrieden noch reich gemacht. Und erst als ich angefangen habe mich mit mir selbst auseinanderzusetzen, wurde klarer und klarer, was ich wirklich wollte. Ich hab mich geschält wie ne Zwiebel und immer mehr weggelassen, was ich halt nur gemacht hab, weil es von mir verlangt wurde (und ich es zufällig konnte).

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Da passt es sehr gut, dass du dich auf das Thema Markenberatung spezialisiert hast. Denn eine Marke ist so viel mehr als „schnell Mal ein Logo“ machen. Welche Schritte gehören für dich zu einer Markenentwicklung immer dazu?

Ganz klar: Sein – tun – haben. Ich weiß nicht, welcher schlauer Mensch gesagt hat: »First the inner attitude, then the outer form.« Und genau so ist es bei Marke (und ich meine ganz besonders Personenmarke) auch.

Mein Lieblingsthema! Darf ich kurz ausholen?

Mein Lieblingsbeispiel ist ja Waschpulver. Wenn da eine neue Marke auf den Markt gespült wird, wird vorher Marktforschung betrieben. Was hat der Zielgruppe gerade noch gefehlt? Welches Angebot gibt es noch nicht? Es wird ein künstlicher USP geschaffen (umweltfreundlich, bakterienfrei, günstig, besonders weiß) und eine Markenwelt mit coolem Storytelling aufgebaut. Was da gemacht wird ist: eine Identität herstellen.

Wir als Personal Brands (und huhu, jede einzelne von euch großartigen Designerinnen da draußen ist eine!) haben unsere Identität schon. Nur du designst, wie du es tust. Du hast deinen Stil, deine Handschrift. Deine Persönlichkeit, deine Statur, deine Stimme, dein Charakter, deine Stärken, deine besondere Begabung. So bist nur du! Das ist deine UPP (Unique Personal Proposition). Und die gilt es sichtbar zu machen.

Ich arbeite mit meinen Kundinnen nach meiner Marke leben-Methode. Von innen nach außen, in drei Schritten: Marke sein, Marke tun, Marke leben! Mein Ziel ist, dass Unternehmerinnen als ganz sie selbst mit Spaß und Freude mit ihrer Idee rausgehen und erfolgreich sein können. Dass sich Privatleben und Business nicht anfühlen wie zwei Paar Stiefel, sondern wie eine Lieblingsjeans. Es ist doch alles eins! Ich häng doch meine Persönlichkeit nicht zu Hause an die Garderobe, wenn ich ins Büro gehe. Finde ich ganz schrecklich.

Deshalb gehört für mich zu Marke: Die Identität mit ihren Werten, ihrem Charakter, ihrer eigenen Energie und ganz wichtig, dem Warum des Tuns. Das ist Teil eins, Marke sein.

Teil 2 ist für mich das Marketing: Zielgruppe, Angebot, Kommunikation.

Marke ist Kommunikation. Und ohne Publikum ist das ja Quark. Wenn dir als noch so schicke Marke keine Fans zuhören, kannste einpacken. Also first: Lieblingskunden. Klar werden, für wen möchte ich arbeiten. Eine Marke steht auch für eine Expertise, für einen Nutzen, für einen Sinn. Das alles bringt das Angebot auf den Punkt. Das wiederum für den Kunden maximal nützlich sein sollte.

Die Kunst besteht dann darin, das alles so zu kommunizieren, dass es die Lieblingskunden da abholt, wo sie stehen. In Form von der richtigen Markenbotschaft.

Im letzten und lustigsten Teil, dem Marke leben Teil, da geht‘s dann ums Sichtbar werden. Welche Farben, welches Moodboard, welche Dinge umgeben mich. Bei mir ist das nicht nur die visuelle Markenwelt, sondern Marke mit allen Sinnen. Weil das alles die Markenidentität kommuniziert. Auf so vielen Ebenen. Vom Logo bis zur Unterhose, sag ich immer…

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„Deine Markenidentität spiegelt sich auf so vielen Ebenen wieder – Vom Logo bis zur Unterhose“

Inzwischen ist die „Reklamedame“ längst kein Ein-Frau-Unternehmen mehr. Du arbeitest mit einem Team und entwickelst dich ständig weiter. Viele Kreative kennen den Moment, wo einem die Arbeit über den Kopf zu wachsen droht. Und dann stellt sich die Frage: weniger (aber bessere) Aufträge machen oder mehr Leute mit ins Boot holen. Was sind aus deiner Sicht die Vorteile eines Teams?  

Ja, das stimmt, mittlerweile hab ich ein Team, dass mich beim »reklamedamen« unterstützt. Zum einen bei meinem Online-Coaching-Business und zum anderen hab ich eine kleine feine Branding-Agentur mit lauter coolen Reklamedamen, die von überall auf der Welt remote arbeiten. 😉

Wir Grafiker haben ja die Herausforderung, dass wir meistens Zeit gegen Geld tauschen. Und unser Tag hat nun mal auch nur 24 Stunden. Dann bleibt, wie du sagst, entweder die Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen oder weniger Aufträge anzunehmen.

Mit meinem Online-Business ist das ein wenig anders, weil ich skalierbare Produkte anbieten kann.

Das ist aber völlig egal! Ich würde mir jederzeit wieder Unterstützung holen und ein Team aufbauen. Es ist denk ich die Frage des Ziels, wohin man mit der eigenen Selbständigkeit möchte. Wenn du wachsen willst, kannst du es nicht mehr allein. Social Media, Kundenmails, den eigenen Content, Reinzeichnung, Kreation, Technik, Daten verschicken, kreativ sein, Buchhaltung machen, atmen. Das ist viel!

Und es ist total okay, das nicht allein zu machen. Es war ein wichtiger Entwicklungsschritt für mich, das anzuerkennen. Alleine rumkämpfen, weil »man« sich ja keine Unterstützung holen darf, weil »keiner« es so gut macht, wie ich (hallo Perfektionismus – kenn ich!) und weil man es sich »noch« nicht leisten kann.

Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass es sich auszahlt und einfach nur der nächste logische Schritt ist. Den gehen zu können erfordert nicht besonders viel Risikobereitschaft oder ein dickes Konto. Er erfordert ein klares Ziel und das ist eh das Wichtigste: Liebe zu unserer Sache!

Dann gilt auch hier: sein – tun – haben. Wenn ich in meiner Identität die Inhaberin einer zum Beispiel großen Agentur bin – dann gilt es die nächsten Schritte zu tun (Leute einstellen zum Beispiel) – um den Agentur-Porsche fahren zu können. (Um ein blödes Klischee zu bedienen. :D)

Was schätzt du an deiner Selbstständigkeit nach all den Jahren am meisten und was ist die größte Herausforderung für dich, Steffi?

Ausschlafen. Und ich liebe es, dass ich das machen kann, was mir am meisten Freude macht. Und zwar wann und von wo aus ich will, zum Beispiel von unserem Wohnwagen aus. Dass ich mir meinen Job so machen kann, wie er mir gefällt und meinen Kundinnen maximal nützlich sein kann.

Dass ich immer fragen kann: Wie kann es noch besser werden? Wie kann es leichter gehen? Und es dann einfach machen kann, ohne nen Chef fragen zu müssen.

Herausforderung ist, immer wieder, die Angst vor der eigenen Courage vor einem nächsten Schritt zu überstehen. Wachstumsschmerzen sozusagen. Und dass ich mich nicht zu viel hinter dem Laptop vergrabe (weil mir ja alles so wahnsinnig Spaß macht). Und dass ich als Scanner-Persönlichkeit meine 1000 Ideen am liebsten alle gleichzeitig umsetzen will und mich dann verhedder. Aber dafür hab ich jetzt eine Projektmanagerin. 😛

Jetzt mit deiner Erfahrung und deinem Wissen im Hinterkopf: Welche Tipps würdest du jungen Kreativen mit auf den Weg geben, die sich gerade selbstständig machen möchten? Was hättest du gerne selbst früher gewusst?

Frag nie: Wie macht man das so? Frag immer: Wie will ich es haben?

Vergleich dich nicht mit der Konkurrenz, ist Zeitverschwendung.

Renn keiner Marketingstrategie hinterher, sondern beschäftige dich mit deiner Persönlichkeit.

Du bist genug! Du bist gut so wie du bist. Es ist schon alles da, was du brauchst. Tu das, worauf du Bock hast, was dir leichtfällt und was du gut kannst.

Es ist alles gut und alles, was du aus Freude und Liebe zum Design und zu deinen Kunden tust, ist genau das, was dich erfolgreich machen wird.

Such dir einen Mentor, der schon da ist, wo du hinwillst.

06 Reklamedame Steffi Zaehrl Buero

Ein Blick hinter die Kulissen der Reklamedame 🙂

Auch dieses Interview soll auf keine Fall ohne einen Blick hinter die Kulissen deiner kreativen Welt enden. Wie sieht dein Arbeitsplatz aus und womit beschäftigst du dich gerade? 

Wir haben meine »Schaltzentrale« mit süßen 15 Quadratmetern an unser Wohnzimmer angebaut. Die ist natürlich schwarz-weiß-rot mit Streifen und Punkten und überhaupt im Reklamedame-Style. Im Moment planen wir den Launch des nächsten Gruppencoachings »Starke Frau. Starke Marke«. Dafür überarbeite ich zum gefühlt 98. mal mein Workbook und die Online-Inhalte ziehen auf ne andere Plattform um.

In der Agentur sind wir gerade an mehreren Re-Brandings und mein Privileg ist es, in den fertigen Präsentationen rumzupfuschen und noch ein bisschen Versalzeilen-Perfektionismus zu betreiben, hehe.

Und ganz persönlich arbeite ich gerade mit meinem Mann eine Personal Brand für sein Motorradhosen-Startup. Coach & Brand the Family – ganz spezielles Thema!

Ich dank dir sehr für das Interview mit deinen tollen Fragen! (War mein erstes, war ein bisschen aufgeregt.)

Sehr gerne, liebe Steffi! Und danke dir für die spannende Einblicke!

Das Interview wurde im November 2020 geführt.
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