„Entwerfen, Strukturieren, Konkretisieren“ – Designer Kilian Krug im Interview

Kilian Krug ist Consulting Designer und Creative Director. Und das sehr erfolgreich. Seit 2005 arbeitet der Freiberufler selbstständig und wurde für seine Arbeiten unter anderem mit dem Red Dot Award 2011, dem iF Design Gold Award 2012 oder dem iF Design Award 2012 ausgezeichnet.


Kilian Krug // Plural . Foto von Sera Cakal

Hallo Kilian, toll das du uns etwas über deine Erfahrungen zum Thema Selbstständigkeit erzählst. Stell dich und deine Arbeit doch bitte kurz vor.

Ich bin Kilian, freiberuflicher Designer in Berlin. Meine Arbeit beschreiben meine damaligen Studienschwerpunkte nach wie vor sehr gut: Informationsgestaltung und Systemdesign. Ich entwerfe, strukturiere und konkretisiere mit meinen Auftraggebern Ideen, zum Beispiel für Geschäftsmodelle, Strategien und Services. Derzeit arbeite ich an der Digitalstrategie und der Sammlungspräsentation für ein großes Kunstmuseum und an der User Experience von digitalen Services. Zudem halte ich Visualisierungsworkshops für Forschungsinstitute und zum Thema interaktives Storytelling für Doku-Formate. An vielen Aufträgen arbeite ich zusammen mit meinen Kollegen von Plural. Das ist ein Zusammenschluss selbstständiger Gestalter, die „simple and sophisticated“ gestalten.

Wie kam es denn dazu, dass du dich selbstständig gemacht hast?

Das Erkunden von Themenfeldern ist ein sehr wichtiger Bestandteil meiner Arbeit: Das Gebiet durchstreifen, Proben nehmen, Entdeckungen machen und mich begeistern lassen. Und es kartografieren, um Stellen für Tiefbohrungen zu bestimmen. Ich gehe gerne erstmal stark in die Breite, um mir einen Überblick verschaffen zu können. Eine solche Arbeitsweise kann ich mir im Alltag einer Festanstellung nur schwer vorstellen. Vielleicht täusche ich mich da aber auch.

Was schätzt du an deiner Selbstständigkeit am meisten und was ist die größte Herausforderung für dich?

Neben dem themenbasierten Arbeiten schätze ich am meisten, dass ich immer wieder Gelegenheiten wahrnehmen kann, in neuen Bereichen zu arbeiten. Kurz nach meinem Studium habe ich zum Beispiel für das Designforschungsinstitut meines ehemaligen Professors Ruedi Baur ein Stadtteil von Istanbul fotografisch dokumentiert. Ein anderes Beispiel: Diesen Sommer habe ich für eine Summer School an der CEU in Budapest eine Workshop-Woche zu interaktiven Dokumentarfilm-Formaten konzipiert und geleitet. Und manchmal möchte ich mir einfach die Zeit nehmen, mich mit einem Thema zu befassen, das mir derzeit wichtig erscheint. Solche bereichernden Ausflüge wären mit einer angestellten Tätigkeit schwer zu vereinbaren.

Das was ich am meisten schätze ist gleichzeitig die größte Herausforderung: Die Vielschichtigkeit der Arbeit. Einerseits den eigenen Fokus weiten, um auch jenseits einer eng umrissenen Aufgabe nach der tatsächlichen Frage zu suchen und den Kontext, auch den größeren gesellschaftlichen Kontext, nicht aus den Augen zu verlieren. Und sich andererseits dann wieder auf Details konzentrieren. Nur durch diese Wechselwirkung entsteht für mich konstruktive Kreativität, die Fähigkeit sinnvoll neu zu kombinieren.
Zu diesem vielfältigen Arbeitsfeld kommen Weiterbildung, Akquise, Kalkulation, eventuell noch Buchhaltung und die regelmäßige Aufgabe, das ganze mit dem übrigen Leben in Einklang zu bringen und immer wieder in beide Richtungen auszugleichen. So schön diese Vielfalt ist, man braucht manchmal starke Nerven oder sollte sehr entspannt sein. Am besten hat man von beidem zumindest ein wenig.

Die Kreativszene entwickelt sich schnell. Wie informierst du dich über Trends & Hintergründe oder bildest dich weiter?

Noch vor wenigen Jahren ging es bei ›Trends in der Kreativszene‹ noch hauptsächlich darum, ob gerade wieder diagonale Linien und Farbverläufe angesagt sind oder Times Italic im Mittelachsensatz. Zum Glück hat sich der Begriff des Kreativen in den letzten Jahren weiterentwickelt, weg vom Kunsthandwerk, hin zu einer umfassenderen Sichtweise, die handwerkliche, gesellschaftliche, wirtschaftliche und technische Faktoren zusammen denkt. Design ist wirklich um einiges interessanter geworden. Oder anders: Design wird endlich das, was es ist.

Ich halte meine Augen insbesondere in Hinblick auf gesellschaftliche und technische Entwicklungen offen. Wobei ich nicht regelmäßig bestimmte Medien verfolge, dazu verändern auch die sich zu schnell. Mehr als ein Überblick mit gelegentlichen Tiefbohrungen ist ohnehin nicht möglich. Es sind einfach zu viele verschiedene Themengebiete interessant oder könnten in naher Zukunft relevant werden. Ich besuche Vorträge, nehme an Workshops teil und halte selber welche. Von meinen Auftraggebern lerne ich ebenfalls viel.

Coworking-Spaces, Meetups oder Social Media – Wie hältst du den kreativen Kontakt zu anderen Designern?

Manchmal gehe ich zu Veranstaltungen in Coworking-Spaces, z.B. eben zu Meetups. Neben einiger Einblicke und Impulse, die man dort bekommt, geht es da hauptsächlich um sowas wie einen Stammtisch. Solche Veranstaltungen sind im hippen Berlin manchmal etwas anstrengend. Alles ist #awesome, aber oft fehlt die Substanz. Am liebsten verabrede ich mich immer noch zum Abendessen mit Kollegen und besonders gerne auch mit Bekannten, die beruflich etwas ganz anderes machen. Das ist einfach am spannendsten.

Welchen Tipp würdest du einem anderen Designer geben, der mit dem Gedanken spielt sich selbstständig zu machen?

Zunächst einmal ist gegen eine Festanstellung überhaupt nichts einzuwenden, gerade als erster Schritt ins Arbeitsleben. Was man will wird einem ja oft erst klar in einer Wechselwirkung mit dem was man nicht will. In einer Festanstellung in einem guten Team kann man sehr viel lernen. Auch klare Hierarchien sind, wenn jeder seine Verantwortung übernimmt, sehr hilfreich. Die Frage ist eher, wie lange man als Festangestellter innerlich frei bleibt, sich für die Selbstständigkeit zu entscheiden.

Das bringt mich zum Finanziellen: Lasst Euch am besten mal helfen, grob zu kalkulieren, was Ihr für Euren gewünschten Lebensstandard verdienen solltet, dass heißt auch: pro Stunde berechnen müsst. Diese Berechnung habe auch ich ehrlich gesagt nicht sofort gemacht, obwohl es eigentlich die Grundlage jeder Selbstständigkeit ist. In Berlin bietet zum Beispiel das IDZ (das Internationale Designzentrum Berlin) Kurse hierzu an.

Ihr solltet Euch auch fragen, ob Ihr selbstständige Designerin oder Designer sein möchtet, weil Ihr Euch selbst verwirklichen wollt. Dann wählt Ihr allerdings einen Beruf, der sehr nah an dem des Künstlers ist. Man benötigt sehr viel Talent und extrem viel Glück. Man kann ewig ein verkanntes Genie bleiben und wenn man Erfolg hat, ist man oft von einem kurzlebigen Zeitgeistgeschmack abhängig.

Eine grundlegende Frage ist, ob man seine Arbeit als »Beruf« oder als »Job« versteht. Kann man sich vorstellen, dass die Arbeit sehr viele Lebensbereiche durchdringt? Wenn man selbstständig ist, ist das so. Oder sieht man „Geld verdienen“ und „Leben“ als zwei grundverschiedene Dinge, die voneinander getrennt sein wollen? Diese Frage ist vielleicht nicht absolut zu beantworten, aber für eine grundsätzliche Richtungsentscheidung ist sie ein guter Kompass.

Vielen Dank für das Interview Kilian und dafür das du deine spannenden Erfahrungen mit uns teilst.

Das Interview wurde im Oktober 2015 geführt.
Foto: © Sera Cakal

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